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Deutschsprachiger Text verfasst für das WIFI-Magazin Kompass Kompakt, Print Oktober 2023.
Der Text wurde mit Hilfe von KI-Tools ins Englische übersetzt und anschließend Korrektur gelesen.


Wie Wünsche erzeugt, geformt und gelenkt werden

Beeinflussungstechniken der Werbepsychologie

Die Psychologie zeigt uns, wie man Wünsche erwecken kann. Der Mensch ist ein "social animal" und orientiert sich an seinen Mitmenschen. Dabei nehmen wir automatisch das, was aktuell für begehrlich und wertvoll gehalten wird, unbewusst auf und an. Wir orientieren uns dabei vor allem an Menschen, die wir bewundern und schätzen oder die uns ähnlich sind. Hier sind wir zahlreichen Einflüssen ausgesetzt, wie der Werbung, der Unterhaltungsindustrie, den klassischen Medien und den sozialen Medien.

Diese Aufnahme von dem, was wir für wertvoll halten, ist ein langsamer, kontinuierlicher und großteils unbewusster Vorgang, der damit abschließt, dass wir diese übernommen Werte und Begehrlichkeiten für unsere eigenen halten. Durch soziale Vergleiche bestimmen wir unsere eigene Position in der Gesellschaft. Wenn wir erleben, dass andere diese gesellschaftlichen Werte und Begehrlichkeiten besser verwirklichen als wir, macht uns das mit uns selbst und unserem Leben unzufrieden. Genau hier setzt dann die Werbung an, um dieses erlebte Defizit auszugleichen. Denn wir kaufen in Wahrheit nicht Produkte und Dienstleistungen, sondern Emotionen. Die beworbenen Produkte und Dienstleistungen sind damit nur das Instrument zu unserer Emotionsregulation. Man muss also Menschen unglücklich machen, indem man Ihnen zeigt, was sie nicht haben aber andere schon, um Ihnen etwas verkaufen zu können.

Somit laufen Kaufentscheidungen nur vordergründig rational ab. In Wirklichkeit sind die Emotionen die treibende Kraft dahinter. Wir wollen glücklich sein und uns in unserem Leben wohlfühlen. Das ist reine Emotion. Unsere Vernunft ist hier lediglich ein Werkzeug, das uns die Wege zeigt unsere Wünsche erfüllt zu bekommen. Denn unser Gehirn dient in erster Linie der Erhöhung des Wohlbefindens unseres Körpers.

Sobald uns durch die Außenwelt wie Medien und Werbung vorgeführt wird, wie glücklich und erfolgreich das Leben anderer Menschen ist, entsteht in uns automatisch der Wunsch, es Ihnen gleich zu tun. Wenn uns also gezeigt wird, wie begehrt, angesehen und respektiert Menschen sind, die eine bestimmte Automarke fahren oder eine bestimmte Modemarke tragen, dann lernen wir durch diese Beobachtung automatisch den Zusammenhang zwischen diesen Marken und dem sozialen Status dieser Menschen. Folgerichtig denken wir dann, dass wir diesen Sozialstatus ebenso erreichen können, wenn wir selbst auch diese Marken nutzen. Was letztlich auch tatsächlich funktioniert, weil dann wieder alle anderen uns für erfolgreich und angesehen halten. Angesehen werden generiert hier Ansehen. Das haben wir interessanterweise auch mit in Gruppen lebenden Tieren gemeinsam. Wer am meisten von anderen angesehen wird, genießt dann automatisch bei allen anderen Ansehen und Respekt, weil sie meinen, dieses Individuum sei wichtig und sich an seinem Verhalten orientieren.

Unsere Beurteilungen und Entscheidungen basieren auf unserem Werteprofil und unseren Einstellungen. Werte-Profil bedeutet, dass jede Person ein individuelles Set an Werten hat. Wobei dabei jeder Wert einen unterschiedlichen Grad an Einfluss auf Einstellungen und Entscheidungen hat. Dadurch ergibt sich ein Profil. Ein Wert ist zum Beispiel Gesundheit Attraktivität, Erfolg, Jugendlichkeit und Nachhaltigkeit.

Der Wert Nachhaltigkeit z.B. bestimmt unsere Einstellungen in den verschiedensten Lebensbereichen. Und es ist nicht allein die Werbung, welche die Werte in einer Gesellschaft prägt. Es ist die Schule, die Medien, die Entertainment-Industrie und prominente Vorbilder. Wir sind einem ständigen Bombardement von Information ausgesetzt, im Zuge dessen sich in uns kontinuierlich und zu einem Großteil unbewusst die so vermittelten Werte etablieren können. Im Bereich Mobilität wird sich eine Person mit einer hohen Bedeutung der Nachhaltigkeit in ihrem Werteprofil tendenziell für öffentliche Verkehrsmittel, Fahrrad, E-Car und der Vermeidung von Inlandsflügen entscheiden. Im Bereich Bekleidung wird eine Person mit einem hoch ausgeprägten Nachhaltigkeitswert eher zu Second-Hand-Mode greifen und Fast Fashion vermeiden. Bei der Ernährung werden Bio und regionale Produkte bevorzugt. So regiert ein Wert die darunter liegenden Einstellungen und diese bestimmen wiederum das Konsumverhalten.

Mit einem genauen Profiling des Werteprofils und der Einstellungen einer Zielgruppe zu einer bestimmten Produkt- oder Dienstleistungskategorie kann die Werbung die vorhandenen Werte und Einstellungen für sich nutzen. Kaufentscheidungen werden dann innerhalb dieser Kategorie nach dem Kriterium des besten Preis- Leistungsverhältnisses getroffen. Hier ist es entscheidend, wie glaubwürdig und authentisch die Qualität und Preiswürdigkeit des jeweiligen Produkts oder Dienstleistung kommunikativ dargestellt wird.

Wenn ein Produkt in einer für uns anziehenden Art und Weise - also attraktiv - präsentiert wird, halten wir dieses Produkt automatisch für hochwertig. Teil dieser Inszenierung sind natürlich auch Prominente oder Influencer, die wir schätzen und an denen wir uns im Rahmen des "Modell-Lernens bzw. Sozialen Lernens" orientieren. Je bekannter ein Produkt ist, für desto relevanter und höherwertiger halten wir es laut der "Verfügbarkeitsheuristik" (verbindet Leichtigkeit der Erinnerung mit der Einschätzung von Relevanz und Qualität). Je öfter wir eine bestimmte Marke sehen, desto vertrauter und sympathischer wird sie uns nach dem "Mere-Exposure-Effect". Diese einfachen Mechanismen in unserem Gehirn verwandeln den Grad der Bekanntheit in Sympathie, Glaubwürdigkeit und Qualitätszuordnung.

Ganz entscheidend ist neben dem Profiling der Werte und Einstellungen heute auch das Profiling der Persönlichkeit der Kund:innen. Wenn sich die Darstellungsform der Werbung an das Persönlichkeitsprofil der Zielgruppen angleicht, tritt der sogenannte "Similar-to-me-Effect" ein: Alles was mir ähnlich ist gut. Dem vertraue ich, und das schätze ich.

Weiß ich zum Beispiel, dass eine bestimmte Zielgruppe tendenziell extrovertiert ist, nach neuen aufregenden Erlebnissen sucht und sich sehr selbstbestimmt fühlt, dann werde ich in der Werbung mein Produkt in genau dieser Form inszenieren. So findet sich die Kundin in dieser Werbung wieder und hält das Produkt für optimal geeignet für sich selbst.

Die meisten Entscheidungen die wir treffen, haben ihren Ursprung in unseren Emotionen. Es sind entweder starke Wünsche oder Ängste, die uns zu einem bestimmten Konsumverhalten motivieren. Wir leben heute in einer informations- und angebotsüberfluteten Welt. Unser Gehirn, das sich seit der Zeit des Cro-Magnon-Menschen vor 30.000 Jahren von seiner Hardware her nicht verändert hat, ist mit dieser Welt heillos überfordert.

Rein mit der Vernunft und sachlicher Abwägung kann heute in vielen Bereichen des Lebens keine saubere Beurteilung und Entscheidung mehr getroffen werden. Es gibt einfach zu viele Informationen und zu viele Angebote, die wir miteinander im Detail vergleichen müssten. Aus diesem Grund delegiert unser Verstand an die Emotion - an unser Bauchgefühl. Und wir fällen unsere Entscheidungen daher zu einem großen Teil intuitiv. Wie die Entscheidungsforschung z.B. von Gerhard Gigerenzer in Experimenten festgestellt hat, sind diese Bauchentscheidungen in sehr vielen Fällen den Kopfentscheidungen überlegen, wenn es sich um eine sogenannte "unsaubere Informationslage" handelt. Unsaubere Informationslagen beinhalten entweder zu viel Informationen, die wir nicht mehr verarbeiten können, oder fehlende Informationen, oder widersprüchliche Informationen, die uns verunsichern.

Eine unsaubere Informationslage gibt uns das Gefühl von Kontrollverlust und wir zögern hier Entscheidungen zu treffen, weil uns das Risiko dabei zu groß ist. Gute Werbekommunikation versucht daher den Kund:innen in einfacher und bequemer Art eine "saubere Informationslage" zu präsentieren. Bei dieser sauberen Informationslage gibt es weder zu viel noch zu wenig Information sowie keine Widersprüche.

Die Emotionen direkt anzusprechen versucht Werbung z.B. über ästhetische Bilder, attraktive Models und Humor. Diese Methoden haben eines gemeinsam: sie erzeugen eine gute Stimmung. Unserem Gehirn wird bei einer guten Stimmung signalisiert: alles ist in Ordnung, du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Das Angst- und Risikomodul, das in jeder neuen Situation als erstes scannt, bevor mögliche Chancen wahrgenommen werden, wird in diesem Fall heruntergefahren.

Das Resultat ist, dass wir durch eine gute Stimmung weniger kritisch, weniger skeptisch und leichter beeinflussbar werden. Gleichzeitig werden die beworbenen Produkte mit den so erzeugten positiven Emotionen aufgeladen und verbunden. Diese positive emotionale Aufladung wiederum gibt unserem Bauchgefühl die Richtung der Entscheidung vor.

Es gibt eine ganze Reihe von psychologischen Tricks in der Werbung und Kommunikation. Sie basieren alle auf den kollektiven Kernprinzipien unserer Gehirnfunktionen. Diese kollektiven Kernprinzipien sind unsere Basic-Survival-Tools für das Überleben und das Fortbestehen unserer Art. Die meisten davon sind unbewusst und zu einem großen Teil direkt mit unseren Emotionen verbunden.

Ein Beispiel für ein kollektives Kernprinzip in unserem Gehirn ist es sich möglichst einfach zu machen, um Energie zu sparen. Unser Gehirn ist das Organ in unserem Körper, das am meisten Energie verbraucht - und zwar 20-mal so viel wie ein gleich großer Muskel. Da es in der Menschheitsgeschichte nicht immer selbstverständlich war, dass auch nächste Woche noch genug zu essen da ist, hat sich ein Mechanismus herausgebildet, der uns dazu motiviert uns nicht zu sehr anzustrengen. Alles was uns einfach und bequem gemacht wird, aktiviert automatisch das Belohnungszentrum. So sucht sich der Mensch ganz unbewusst und automatisch immer den kürzesten und einfachsten Weg. Erfolgreiche Werbung nützt dieses Prinzip und stellt seine Produkte und Dienstleistungen als ganz einfache und bequeme Möglichkeit zur Wunscherfüllung dar.

Viele Beeinflussungsmethoden der Werbepsychologie können dazu führen, dass die Beurteilungs- und Entscheidungsautonomie der Menschen reduziert wird. Ein erster Schritt für jeden Einzelnen von uns, das zu vermeiden, ist es, sich dieser Beeinflussungsmethoden bewusst zu werden.

Techniken wie die soziale Bewährtheit (Menschen als soziale Wesen tendieren dazu, sich an Verhaltensweisen anderer zu orientieren), Autorität (Menschen neigen dazu, Experten zu vertrauen) und Knappheit (Dinge, die knapp sind, werden oft als wertvoller wahrgenommen) werden in der Werbung massiv eingesetzt – mehr oder weniger subtil.

So zeigt die Werbung Erfolgsgeschichten in den sozialen Medien von Kund:innen und Infuencern, die ein Produkt oder eine Dienstleistung genutzt haben. Oder verwendet Kundenbewertungen und Empfehlungen als soziale Beweise für die Wirksamkeit ihres Angebots. Ein Produkt, das so als qualitativ hochwertig oder innovativ wahrgenommen wird, kann einen höheren Preis rechtfertigen.

Die Bequemlichkeit des Kaufprozesses und die Verfügbarkeit eines Produkts können kaufentscheidend werden und die Entscheidungsschwelle senken. Online-Shopping, schnelle Lieferung, einfache Rückgabeoptionen und die Nähe eines Ladengeschäfts können so die Kaufentscheidung signifikant beeinflussen.

Menschen neigen auch dazu, Produkte oder Marken aus Gewohnheit zu wählen. Vertraute Produkte erzeugen ein Gefühl der Sicherheit, da die Kund:innen bereits wissen, was sie erwarten können.

Menschen versuchen, Risiken zu minimieren, indem sie Produkte oder Marken wählen, die sie als vertrauenswürdig, sicher und zuverlässig betrachten. Kundenrezensionen und Expertenbewertungen können hier bei der Risikobewertung eine Rolle spielen und das Vertrauen erhöhen.

Bei der Ansprache des Bauchgefühls verwendet die Werbung sowohl subtile als auch transparente, authentische Methoden.

Der Trick der "Ankerung" als subtile Methode in der Werbekommunikation besteht darin, einen hohen Preis oder eine teure Option zuerst zu präsentieren, um die wahrgenommene Wertigkeit eines günstigeren Produkts oder Angebots zu steigern. Beispiel: Restaurants bieten oft teure Gerichte auf ihren Speisekarten an, um Kunden dazu zu bringen, andere, preisgünstigere Gerichte als erschwinglich und attraktiv zu empfinden.

Musik, Klänge und Farbpsychologie werden ebenso oft subtil eingesetzt. Farben können ganz bestimmte Emotionen auslösen. Zum Beispiel kann Rot Aufregung und Leidenschaft hervorrufen, während Blau Ruhe und Vertrauen symbolisiert.

Auch eine ganz bestimmte Wortwahl kann zur Beeinflussung des Beurteilungs- und Entscheidungsprozesses verwendet werden: die Werbung verwendet z.B. emotionalisierende Worte und Formulierungen wie "glücklich", "bezaubernd", "aufregend" oder "unvergesslich", um automatisch positive Emotionen zu wecken.

Humor ist eine sehr effektive Möglichkeit in der Werbung das Bauchgefühl anzusprechen. Gut platzierte humorvolle Elemente können ein positives Gefühl erzeugen und die Aufmerksamkeit erhöhen.

Gezielt erzeugte Glaubwürdigkeit wird in der Werbekommunikation z.B. dadurch erzielt, dass glaubwürdige Quellen gewählt oder als solche inszeniert werden. Testimonials, Kundenbewertungen oder Expertenmeinungen sind dabei Quellen, um das Vertrauen der Kunden zu gewinnen.

Um sich vor den Beeinflussungsmethoden der Werbekommunikation zu schützen, ist es nicht nur wichtig, die hier beschriebenen werbepsychlogischen Tricks und Techniken zu kennen, sondern auch zu berücksichtigen, dass die Methoden immer ausgefeilter werden.

Je besser die Werbetreibenden durch neueste Profiling-Techniken mittels künstlicher Intelligenz ihre Zielgruppen verstehen, desto gezielter können Sie deren emotionale Bedürfnisse ansprechen. Forschung und Datenanalyse können dabei helfen, die Bedürfnisse und Vorlieben der Kund:innen beinahe noch besser zu erkennen als diese selbst.

Da Ehrlichkeit und Transparenz für die Kund:innen wichtig sind, um Vertrauen aufzubauen, werden zunehmend auch Ehrlichkeit und Transparenz zielgruppengerecht inszeniert.

Heute ist es mehr denn je wichtig kritisch gegenüber Werbung zu sein. Fragen Sie sich, warum ein Unternehmen eine bestimmte Botschaft oder Taktik verwendet. Überlegen Sie, ob das beworbene Produkt oder die Dienstleistung wirklich Ihren Bedürfnissen entspricht.

Achten Sie auf die Details und Feinheiten von Angeboten, insbesondere in Bezug auf Preise, Vertragsbedingungen und Rückgaberechte. Manchmal werden gewisse Gebühren oder Bedingungen in Kleingedrucktem versteckt. Vergleichen Sie Preise und Konditionen von verschiedenen Anbietern, bevor Sie eine Kaufentscheidung treffen. Dies kann Ihnen helfen, die besten Angebote zu finden und überhöhte Preise zu vermeiden. Lesen Sie Kundenbewertungen und Erfahrungen anderer Kund:innen, um ein besseres Verständnis für ein Produkt oder eine Dienstleistung zu erhalten. Dies kann Ihnen dabei helfen, die Qualität und Zuverlässigkeit zu beurteilen.

Geben Sie sich Zeit, bevor Sie eine Kaufentscheidung treffen, insbesondere bei Impulskäufen. Überlegen Sie, ob Sie das Produkt wirklich brauchen und ob es in Ihr Budget passt. Bleiben Sie also immer wachsam und vor allem nehmen Sie sich Zeit, denn ein gestresster Kunde ist eine leichte Beute.

Univ.-Lekt. Mag. Dr. Josef Sawetz, 2023
Universität Wien, Kommunikations- und Marketingpsychologie, Kognitive Neurowissenschaft


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